Deutsches Rotes Kreuz setzt auch in Zukunft auf das Ehrenamt
Das Ehrenamt ist eine wichtige Stütze der Gesellschaft. Ohne die ehrenamtliche Hilfe von Bürgerinnen und Bürgern wären viele Angebote nicht möglich, die man in Deutschland gerne als normal voraussetzt. Am 5. Dezember ist der Tag des Ehrenamtes. Beim Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes ist jeder Tag ein Tag des Ehrenamtes.
Kreis Heinsberg. Das Ehrenamt im Kreis Heinsberg hat viele Gesichter. Zum Beispiel das der emsigen Mitarbeiterinnen der DRK-Kleiderkammern, die es allein in Erkelenz auf rund 4000 Arbeitsstunden im Jahr bringen. Oder das des freundlichen Reisebegleiters bei den betreuten DRK-Reiseangeboten für Senioren. „Wir organisieren im kommenden Jahr 17 mehrtägige Reisen für Senioren“, sagt Sina Döbling. Sie betreut das Reiseangebot beim Kreisverband des DRK und weiß, dass es ohne ehrenamtliche Begleitung schwierig wäre. Die Begleiter sind mit Rat und Tat zur Stelle, organisieren vor Ort Ausflüge und sind Ansprechpartner für die Reiseteilnehmer. „Wer berufstätig ist, muss extra Urlaub für die Reise nehmen und bekommt nichts dafür“, weiß Döbling. „Trotzdem fahren die Leute gerne mit und bringen sich ein.“
Warum tut man das?
Einbringen, darum geht es. Für ein gemeinsames Ziel, für eine gute Sache, für andere. Wer beschließt sich einzubringen, hat seine persönlichen Gründe. Zum Beispiel Christel König. Sie hatte vor 47 Jahre einen Unfall, den sie nur überlebte, weil ein DRK-Helfer vor Ort sich um sie kümmerte. „Ich hatte das Gefühl, danke zu sagen und etwas zurückgeben zu wollen“, sagt sie heute. So begann sie beim Blutspenden des DRK zu helfen. „Angefangen habe ich damit, den Leute nach der Spende ein belebendes Schnäpschen anzubieten“, erinnert sie sich. An so etwas glaubte man damals noch. Auch ohne Schnäpschen blieb Christel König dabei und brachte es „von der kleinen Helferin“ zur ehrenamtlichen Blutspendebeauftragten und zuletzt zur Kreisbereitschaftsleiterin des DRK-Kreisverbandes. Das mag bürokratisch klingen, bekommt jedoch in Litern eine ganz andere Dimension. Denn Christel König trug durch ihren Einsatz dazu bei, dass allein im Jahr 2022 über 2000 Liter Blut gespendet und zur Rettung von Menschenleben eingesetzt werden konnten.
Gibt es ein Erfolgsrezept Ehrenamt?
„Die Ehrenamts-Struktur ist ausgesprochen deutsch“, sagt auch DRK-Geschäftsführer Lothar Terodde. Und das meint er durchaus positiv. Denn der Mensch, der helfen will, steht nicht alleine da. Die persönliche Bereitschaft des Ehrenamtlers zu helfen trifft bei Sozialverbänden wie dem DRK auf ein professionelles Umfeld. „Ehrenamt soll Spaß machen, daher ist es wichtig, dass potentielle Ehrenamtliche frei entscheiden können, in welchen Bereichen sie aktiv werden möchten“, sagt Stefanie Bohnen vom KAI Heinsberg. Hauptamtliche Mitarbeiter schaffen eine Struktur, in der sich der ehrenamtliche Helfer nach seinen Möglichkeiten einbringen kann ohne sich auszulaugen. Denn Ehrenamt schafft nicht nur Befriedigung, es kann den engagierten Ehrenamtler auch schnell an seine Grenzen bringen. Deshalb wird das Ehrenamt durch hauptamtliche Mitarbeiter als Ansprechpartner unterstützt. Zu ihren Aufgaben gehört das offene Ohr für die Erlebnisse und Erfahrungen des Ehrenamtlers, denn bei der Arbeit mit Menschen „bleibt immer etwas hängen“, weiß auch Stefanie Bohnen vom KAI Heinsberg. „Und damit lassen wir sie nicht allein.“
Was kann man Ehrenamtlern alles zutrauen?
Das Wort „KAI“ steht für „Kristallisationspunkt gegen Armut durch Integration“. Im Kreis Heinsberg gibt es insgesamt vier dieser Einrichtungen. In Heinsberg, Hückelhoven, Birgden und Erkelenz. In den KAIs arbeiten Haupt- und Ehrenamtler des DRK und neu zugewanderte Menschen aus verschiedenen Ländern Hand in Hand zusammen. Die Klientel besteht zumeist aus Menschen mit Fluchterfahrung, die ihre persönlichen Fluchterfahrungen mitbringen. Sie teilen sie mit Menschen wie Marianne Zimmermann. Die 72-jährige arbeitet im „Anziehungspunkt“, dem Secondhand-Shop des DRK KAI Heinsberg, der seit 2016 vollständig vom Ehrenamt getragen wird. Das Team besteht aus insgesamt 18 ehrenamtlichen Mitwirkenden. Darunter Menschen aus Ländern wie der Türkei, der Ukraine, Algerien, Usbekistan oder Afghanistan. Auf die Frage, weshalb sie sich beim DRK gemeldet hat, antwortet Marianne Zimmermann pragmatisch: „Ich hatte Zeit und wollte etwas Sinnvolles tun.“ Also begann sie in der Kleiderkammer. Mittlerweile bringt sie sich auch bei den Sprachangeboten des DRK KAI Heinsberg ein, die in enger Zusammenarbeit mit der Stadt Heinsberg auf den Weg gebracht wurden. Während der Corona-Pandemie nähte Zimmermann mit ihren Mitstreiterinnen auch Schutzmasken. Oder sie übernimmt besondere Aufgaben, bei denen ihr berufsbedingtes Organisationstalent gefragt ist. Aufgaben wie die kurzfristige Beschaffung von Turnschuhen für die geflüchteten Kinder an der Gemeinschaftsgrundschule Unterbruch. Rund 50 Paar Schuhe kamen dank der Hilfe der Katholischen Frauengemeinschaft Schafhausen zusammen, die von Zimmermann aktiviert wurde. Ehrenamtler sind gute Netzwerker.
Würde es ohne Ehrenamt gehen?
„Ohne die erfolgreiche Vernetzung von Haupt- und Ehrenamt wäre die Arbeit des KAI nicht möglich“, ist sich Stefanie Bohnen sicher. Das Angebot an Projekten steht und fällt mit den ehrenamtlichen Helfern. Das kann auch Hardy Hausmann bestätigen. Er ist beim Kreisverband des DRK für den Katastrophenschutz zuständig. Seine Einheiten sind aber auch im Einsatz, damit andere gefahrlos feiern können. Rund 110 dieser „Sani-Dienste“ standen in diesem Jahr auf dem Programm, wobei über 7000 ehrenamtliche Einsatzstunden geleistet wurden – Tendenz steigend. „Diese Stundenzahlen könnten wir allein mit hauptamtlichen Mitarbeitern gar nicht leisten“, sagt Hausmann. „Und vor Ort ist es den Menschen egal, ob jemand haupt- oder ehrenamtlich dabei ist. Da muss alles reibungslos laufen.“ Daher ist es wichtig, dass die Einsatzkräfte gut aufeinander eingespielt sind und wissen, was zu tun ist. „Gerade junge Leute können dabei sich und ihre Fähigkeiten testen und neue Erfahrungen sammeln, denn die Einsatzmöglichkeiten sind sehr vielseitig“, sagt Hausmann. Das Jugendrotkreuz (JRK) ist mit dem „Schul-Sani-Dienst“ seit rund 20 Jahren und an mittlerweile 15 Schulen im Kreis aktiv. So wird interessierten Schülern und Schülerinnen die Möglichkeit gegeben, Sanitäts- und Rettungsaufgaben im Team kennenzulernen. Viele von ihnen entscheiden sich später für ein Ehrenamt, zum Beispiel beim DRK.
Hat das Ehrenamt Zukunft?
„Eindeutig ja“, sagt Lothar Terodde. „Denn die Entscheidung, sich ohne messbaren persönlichen Profit für ein übergeordnetes Ziel einzusetzen, ist durch und durch menschlich.“ Aufgabe der Vereine und Verbände müsse daher sein, den Menschen attraktive Angebote zu machen und auch Spielräume zu schaffen, um eigene Ideen umzusetzen. Das DRK hat damit gute Erfahrungen gemacht. Immer wieder werden Projekte wie der barrierefreie Garten im KAI Hückelhoven von Ideengebern angestoßen und gemeinsam in die Tat umgesetzt.
Ins Ehrenamt hineinschnuppern und dabei Spaß haben können Jugendliche ab 14 Jahren im kommenden Sommer als Teamer im Rahmen der Ferien-Freizeitangebote des DRK. „Eine funktionierende Gesellschaft ohne Ehrenamt ist nicht vorstellbar“, betont Terodde. „Dessen sollten wir uns nicht nur am 5. Dezember bewusst sein.“
Info:
Wer sich für die Möglichkeiten des Ehrenamtes beim DRK interessiert, kann sich per Mail an ehrenamtdrk-heinsberg.de oder auf der Homepage www.drk-heinsberg.de informieren.